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Kolumne

Von Träumen und dem Glauben

Erschienen in der SonntagsZeitung vom 23.12.2018

Ich träume.

Ich träume von einer anderen Gesellschaft. Ich träume von einer Gesellschaft, in der alle Menschen frei von Zwängen leben können. Ich träume von einer Gesellschaft, in der es egal ist, was für ein Geschlecht man hat. In der nicht ein weisser Präsident zusammen mit einer Horde weisser Männer entscheidet, was ich mit meiner Pussy zu tun oder zu lassen habe. Von einer Gesellschaft, in der meine Tochter aufwachsen kann, ihre Meinung sagen kann, ohne bedroht oder auf ihr Äusseres reduziert zu werden. Eine Gesellschaft, in der sie sicher nach Hause laufen kann, egal um welche Uhrzeit. Ich träume von einer Gesellschaft, die Menschen weder nach ihrem Pass noch nach ihrer Hautfarbe beurteilt. Von einer Gesellschaft, in der Grenzen überflüssig sind, in der es keine Mauern, Zäune oder Meere gibt, die Menschen töten. Ich träume von einer Welt, in der Menschsein alleine reicht, um Rechte zu haben.

Ich träume von einer Wirtschaft, die die Früchte der Arbeit gerecht verteilt und die niemanden ausschliesst. Einer Wirtschaft, die für den Profit einiger weniger nicht über Leichen geht. Ich träume von einer Gesellschaft, in der das Pflegen von Menschen oder das Grossziehen von Kindern mehr Wert hat als das Führen von Kriegen und das Spekulieren mit Nahrungsmitteln.

Von einer solchen Gesellschaft träume ich. Ist das nur unnötiger Kitsch? Oder erklärt mir bitte: Was ist daran falsch, diese Träume zu haben? Warum soll ich mich mit dem zufriedengeben, was wir haben?

Weil der Traum erst der Anfang ist. Weil Träume Menschen inspirieren und sie zusammenbringen. Weil Träume stärker als jede Waffe sind. Weil Träume die Mächtigen infrage stellen können. Weil Träume Menschen, Länder und die Geschichte verändern können. Weil Träume das Undenkbare denkbar machen können. Träume können ganze Revolutionen lostreten.

Darum sind Träume gefährlich. Darum werden sie lächerlich gemacht, abgetan und heftig angegriffen. Denn aus ihnen entstehen Utopien, Visionen, Projekte und Kämpfe. Wir leben in einem System, das uns vorgaukelt, dass es keine Alternative gibt. Keine Alternative zu ewigem Wachstum, keine Alternative zur ständigen Konkurrenz zwischen Menschen, Konzernen und Ländern. Aber so kommen wir nicht weiter. Wir bleiben stecken. Und können uns den grossen Herausforderungen wie beispielsweise der Klimakatastrophe nicht stellen.

Bald ist nun Weihnachten. Eine gewisse Juso-Kantonalpartei wollte diesen Feiertag abschaffen. Ich persönlich sehe dies nicht so eng. Darum erlaube ich es mir als Juso-Präsidentin nun, mir zu Weihnachten etwas von Ihnen zu wünschen: Träumen und glauben Sie an Alternativen. Stellen Sie sich vor, wie eine andere Gesellschaft aussehen könnte, seien Sie visionär und utopisch. Und kämpfen Sie für Ihre Visionen und Utopien. Denn die Welt braucht es!

Ich wünsche Ihnen schöne Festtage.