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Kolumne

Für Freiheit und Demokratie

Erschienen in der SonntagsZeitung vom 03.02.2019

Das Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ist eine der wichtigsten Stützen der Demokratie. Das sehen wir nicht nur in Frankreich, in der Türkei oder Venezuela, sondern auch in der Schweiz bei den aktuellen Klimastreiks der Schülerinnen und Schüler. Dieses Grundrecht gibt den Menschen die Möglichkeit, sich gegen Politiker und Politikerinnen zu wehren, ihre Meinung kundzutun und sich Öffentlichkeit für ein Anliegen zu verschaffen. In manchen Fällen vermag der Druck von der Strasse gar die Mächtigen aus den Regierungen zu vertreiben, wenn diese gegen die Interessen der Bevölkerung handeln.

Dies gilt auch in der Schweiz. In der Hauptstadt Bern fanden letztes Jahr über 250 Demonstrationen statt, davon die meisten friedlich und bewilligt. Trotzdem befand es das kantonalbernische Parlament nötig, das Polizeigesetz zu verschärfen – und so das Versammlungs- und Demonstrationsrecht einzuschränken.

Neu soll eine Kostenüberwälzung von Polizeieinsätzen auf die Organisatorinnen und Organisatoren einer Kundgebung möglich sein. Die Gemeinden können bei Veranstaltungen, bei denen Gewalt gegen Personen oder Sachen verübt wurde, den Veranstaltern (-innen) oder den an der Gewaltausübung beteiligten Personen die Kosten des Polizeieinsatzes bis zu 30’000 Franken in Rechnung stellen. Auch friedliche Teilnehmende können zur Kasse gebeten werden, wenn sie sich auf Anordnung der Polizei nicht von der Kundgebung entfernen.

Das schränkt die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit massiv ein. Denn wer organisiert in Zukunft noch eine bewilligte Demonstration, wenn einem persönlich so der finanzielle Ruin drohen kann? Für Organisatorinnen und Organisatoren ist es ein Ding der Unmöglichkeit, zu verhindern, dass alle Demonstrierenden nach ihrer Pfeife tanzen. Stellen wir uns vor, dass fünf Mitglieder der rechtsextremen Pnos sich unter eine Klimademo mischen und Fenster zertrümmern – dann haften 16-jährige Schülerinnen und Schüler, die lediglich für ihre Zukunft demonstrieren wollten. Vor allem Menschen und Organisationen, die mit der Organisation von Demonstrationen noch eher unerfahren sind, wird die Androhung der Kostenüberwälzung am meisten schaden. Und da stellt sich die Frage: Hätte es bei einer Annahme des Polizeigesetzes noch Klimastreiks von Schüler*innen gegeben?

Das klingt genug schlimm, doch es kommt noch schlimmer. Viele neue Artikel im Gesetz gewähren, was verdeckte Fahndungen, Observierungen und Wegweisungen anbelangt, einen massiven Machtausbau der polizeilichen Kompetenzen. Dies alles ohne eine nötige demokratische und juristische Kontrolle. Das ist brandgefährlich, denn die Geschichte zeigt: Wenn der Polizei (und damit auch dem Staat) zu viel Macht bzw. repressive Mittel in die Hand gegeben werden, werden diese auch genutzt. So hat auch die Vergangenheit der Schweiz beispielsweise anhand der Fichenaffäre gezeigt, dass staatliche Behörden niemals zu viel Macht erhalten dürfen. Gegen solche autoritären Tendenzen hilft lediglich ein Nein zum Polizeigesetz im Kanton Bern – für die Schweizer Demokratie und die Freiheit!