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Rede

Ja zum Stimmrechtsalter 16

Redebeitrag im Nationalrat zum Stimmrechtsalter 16 am 10.09.2020

Ich bitte Sie im Namen einer sehr starken Minderheit Ihrer SPK, dem Stimmrechtsalter 16 zuzustimmen. Man muss sich vorab vor Augen führen, dass die Entscheidung, wer zur Wählerinnenschaft gehört und wer nicht, sehr willkürlich ist und von den gesellschaftlichen Gegebenheiten und dementsprechend vom politischen Willen abhängt. Bis 1971 waren es in der Schweiz nur die Männer, die stimmen konnten. Heute hängt es massgeblich damit zusammen, welche Passfarbe die Eltern hatten, ob man stimmberechtigt ist oder nicht.

Auch beim Alter hört die Willkür nicht auf. So war die Grenze früher bei 20 Jahren, heute liegt sie bekanntlich bei 18. Zu sagen, dass eine 18-Jährige so viel reifer sei als eine 16-Jährige, entspricht schlicht nicht der Realität. Es gibt Leute, die mit 14 reif sind, und es gibt solche, die es mit 50 noch nicht sind.

Wieso also das Stimmrechtsalter senken, wenn es so willkürlich ist? Hier drei gute Gründe:

  1. Die Demokratie in der Schweiz leidet an Altersschwäche, es tut mir leid, Ihnen das so klar sagen zu müssen. Fakt ist, dass heute das politische Gewicht der 55-Jährigen doppelt so gross ist wie jenes der 20-Jährigen. Das wird in den nächsten Jahren nicht besser. Diese Altersschwäche zeigt sich vor allem auch in den kleinen Gemeinden. Wir brauchen Leute, die übernehmen. Junge Menschen haben Lust, mitzumachen, schon lange nicht mehr waren so viele junge Menschen aktiv. Das sollten wir fördern. Wir sollten die Partizipation junger Menschen fördern, und zwar dann, wenn sie bereit dazu sind.
  2. Junge Menschen setzen sich in der obligatorischen Schule ein letztes Mal ausführlich mit der politischen Bildung auseinander. Sie kennen die Theorie nie so gut wie zu diesem Zeitpunkt, müssen dann aber zwei Jahre auf die Praxis warten. Stellen Sie sich vor, Sie machen die theoretische Autoprüfung und müssen dann noch zwei Jahre mit Fahren warten; das macht schlicht und einfach keinen Sinn. Wir leben in einer halbdirekten Demokratie. Es muss gelernt sein, mit diesem Recht, aber eben auch mit dieser Pflicht umzugehen. Das Stimm- und Wahlrechtsalter zu senken kann, in Zusammenhang mit anderen Massnahmen, wie es die Kommission für Kinder- und Jugendfragen vorschlägt, zu einer erhöhten Partizipation führen. Packen wir diese Chance!
  3. Als letztes Argument: Die Zukunft gehört der Jugend, aus logischen Gründen. Sie wird am längsten darin leben müssen. Daher ist es auch richtig, dass sie mitbestimmen kann, wie diese Zukunft aussehen soll. Dinge wie Altersreform, CO2-Gesetz, Arbeitszeit und so weiter betreffen sehr viel mehr junge Menschen als Über-60-Jährige. Die Senkung des aktiven Wahl- und Stimmrechtsalters ist eine Stärkung unserer Demokratie. Sie hilft, die Gesellschaft zusammenzuhalten und junge Menschen als aktive Mitglieder ebendieser Gesellschaft zu gewinnen.

Zuletzt noch zum Gegenargument, junge Erwachsene seien nicht kompetent genug: Es macht einfach keinen Sinn. Sonst müssten Sie den Aluhut-Trägern, die behaupten, Bill Gates habe das Coronavirus in die Welt gesetzt, das Stimmrecht entziehen. So verführerisch das klingt, so undemokratisch ist es. Stärken Sie unsere Demokratie und folgen Sie bitte der starken Minderheit der SPK.