Erschienen in der SonntagsZeitung vom 16.02.2021.
Die Initiative für ein Burkaverbot kommt von einer Partei, die patriarchal, erzkonservativ, islam- und frauenfeindlich ist. Nur schon deshalb ist sie abzulehnen.
Der Abstimmungskampf um die Burkaverbotsinitiative ist lanciert, und es geht bunt zu und her. So wird behauptet, die feministischen Organisationen seien gespalten. Das stimmt – mit Verlaub – schlicht nicht. Die SP Frauen*, die CVP Frauen, die FDP Frauen, Alliance F, der Katholische Frauenbund, Terre des Femmes Schweiz und die feministischen Streikkollektive haben die Nein-Parole beschlossen. Es hätte einem spätestens dann auffallen müssen, als man Alice Schwarzer einfliegen musste, um eine namhafte deutschsprachige Feministin zu finden, die sich für das Verbot ausspricht.
Initiative steht nicht im luftleeren Raum
Im Rahmen des aktuellen Abstimmungskampfes wird den Gegner*innen vorgeworfen, sie fokussierten sich zu fest auf den Absender der Initiative und zu wenig auf die Sache selbst. Die gleichen Leute, die diesen Vorwurf machen, wollen den Nikab verbieten, weil er ihrer Meinung nach nicht nur ein Kleidungsstück ist, sondern ein Zeichen der Ideologie des radikalen Islamismus. Natürlich lehne auch ich diese Ideologie ab. Doch gleichzeitig bin ich absolut überzeugt davon, dass Kleiderverbote in der Verfassung herzlich wenig bewirken, um Extremismus zu bekämpfen.
Man kann nicht so tun, als würden wir die Initiative im luftleeren Raum diskutieren. Zu sagen, man solle die Augen davor verschliessen, dass diese Initiative von einer Partei kommt, die verurteilte Rassisten beherbergt, die die Anti-Minarett-Initiative lanciert hat, die Vorstösse im Parlament hängig hat, um das Kopftuch zu verbieten, und die seit 20 Jahren Hass und Hetze gegen 400’000 Muslim*innen in diesem Land schürt, geht nicht auf. Wir reden hier von der Partei, die Vergewaltigung in der Ehe nicht verbieten wollte, die sich bis 1991 gegen das Stimmrecht der Frauen gewehrt hat und die keinen Finger rührt, um Gewaltbetroffene zu unterstützen.
Ausnahmslos gegen rechtsextreme Ideologien
Die*der aufmerksame Beobachter*in hat gemerkt: Rechtsextreme Ideologien sind immer patriarchal, erzkonservativ, rassistisch und frauenfeindlich. Genau darum sollten wir sie alle ausnahmslos bekämpfen und niemals normalisieren – was man macht, wenn man sagt, es komme nicht darauf an, woher die Initiative stamme. Da das nun gesagt ist, frage ich mich als zielorientiert denkender Mensch, ob die Annahme dieser Initiative denn etwas nützen würde – oder eben nicht.
1. Die Initiative nützt der SVP, aber eben auch den Islamisten. So zeigt eine Studie aus Frankreich, dass das Burkaverbot dort zu einer Radikalisierung der Musliminnen geführt hat.
2. Die Initiative löst kein einziges Problem, denn es ist bereits verboten, andere Menschen zu zwingen, etwas Bestimmtes anzuziehen. Was uns fehlt, sind Ressourcen für Anlaufstellen für die Opfer von Nötigungen und Gewalt.
3. Die Initiative schadet den Frauen. Wir müssen Frauen das Recht lassen, anzuziehen, was sie wollen. Kein Gott, kein Staat und kein Patriarch soll es ihnen vorschreiben dürfen. Doch genau das tun wir gerade. Wir lassen zu, dass der Körper der Frau einmal mehr als Schlachtfeld für politische Debatten von rechtsextremen Patriarchen fungiert.
Darum: Hören wir auf, Zeichen zu setzen auf dem Rücken von Minderheiten. Lösen wird lieber echte Probleme mit sinnvollen Massnahmen.
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