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Kolumne

Steht für eure Interessen ein

Erschienen in der Sonntagszeitung vom 14. August 2022.

Mit der AHV-Reform wird von den Frauen verlangt, dass sie schon wieder Konzessionen machen, ohne dass ihre finanzielle Situation verbessert wurde.

Diese Woche kam die erste Umfrage über die Abstimmungen vom September raus – auch die zur AHV21- Abstimmung. Wie zu erwarten war, wird die Sache knapp. Überrascht zeigen sich Medien und Politikerinnen über die deutliche Ablehnung der Frauen zur AHV21. So lässt sich die Präsidentin der CVP Frauen zitieren mit: «Das ist schon krass, dass ein derart hoher Prozentsatz der Frauen gegen die AHV-Reform ist.»

Krass ist, dass die rechten Politikerinnen erwarten, dass die Frauen eine Verschlechterung ihrer Lebenssituation einfach so hinnehmen. Krass ist, dass die Leute, die den Frauen immer sagen «Ihr müsst für eure Interessen einstehen, ihr müsst halt richtig verhandeln mit eurem Partner und mit euren Chefs, ihr müsst hart bleiben und nicht einfach immer Ja sagen» gerade von den Frauen das Gegenteil verlangen. Sie verlangen, dass sie ihre Verhandlungsposition aufgeben für ein Butterbrot, ein leeres Versprechen und dass sie schon wieder Konzessionen machen, ohne dass ihre finanzielle Situation verbessert wurde.

Es ist so unglaublich patriarchal, von den Frauen zu verlangen, dass sie aus reiner Nächstenliebe ihre Rente verschlechtern sollen. Es ist der gleiche Mechanismus, der dazu führt, dass Frauenberufe schlechter bezahlt werden. Damit wird das uralte Klischee bewirtschaftet, das besagt, dass Frauen von Natur aus Arbeit aus Liebe machen. So wird den Frauen suggeriert, dass sie ihre Arbeit als Kita-Mitarbeiterin, als Pflegefachfrau, als Care-Arbeiterin ja schliesslich auch aus Liebe zu den Kindern oder den Patienten machten. Und es darum o. k. sei, wenn sie schlecht oder gar nicht bezahlt würden – sie machten es ja schliesslich gerne.

Ja, man kann die Arbeit gerne machen. Ja, es ist wunderschön, wenn sie sinnstiftend ist. Doch es ist deswegen nicht weniger Arbeit – und entsprechend sollte sie auch entlöhnt werden. In einer Gesellschaft, in der nur Bares Wahres ist, ist eine solche Haltung ein Hohn.

Der einfachste Weg? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Damit würde gleich viel Geld in die AHV fliessen, wie wenn man das Rentenalter erhöht.

Dieser Mechanismus ist real. Er zeigt sich an den massiven Unterschieden zwischen sogenannten Männer- und Frauenberufen. An diesen Mechanismus appelliert die Rechte gerade: Macht es für die anderen, liebe Frauen.

Für welche anderen, frage ich mich. Denn Männer profitieren nicht von dieser Reform. Wie auch? Sie werden mehr Mehrwertsteuern zahlen müssen und nicht mehr erhalten. Ihre Partner:innen müssen länger arbeiten, es wird zusätzlich Menschen auf dem Arbeitsmarkt haben, die älter sind als 50 und ihnen Konkurrenz machen.

Bleibt nur noch die Argumentation, dass die AHV dann stabiler ist. Ich habe im Rahmen dieser Kolumne schon aufgezeigt, inwiefern die Totschreibung der AHV System hat. Und auch bereits aufgezeigt, wie man die Babyboomer-Generation locker abfedern kann, ohne eine gesamtgesellschaftlich stupide Reform durchzudrücken, die allen nur schadet.

Der einfachste Weg? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Damit würde gleich viel Geld in die AHV fliessen, wie wenn man das Rentenalter erhöht. Da fragt sich, wieso man das nicht «krass» findet und es mit einer Millionenkampagne vorantreibt. Man könnte meinen, es geht weder um die Stabilisierung der AHV noch um Gleichstellung. Darum, liebe Frauen und liebe Männer: Steht für eure Interessen ein, die Rechte tut es auch.

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