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Kolumne

Viele Peanuts sind auch ein Snickers

Erschienen in der Sonntagszeitung vom 16. Januar 2022.

Die Abschaffung der Stempelsteuer wäre ein weiteres Privileg für den Finanzbereich, also für Konzerne und Grossaktionäre. Den Preis dafür müssten wir alle zahlen.

Als ich gestern im Migros Znacht und eine neue Zahnpasta gekauft habe, habe ich darauf Mehrwertsteuer bezahlt, wie Sie das auch bei jedem Einkauf machen. Damit leisten Sie einen Beitrag an die öffentliche Hand. Nicht alle zahlen jedoch Mehrwertsteuer. Der Finanzbereich ist davon ausgenommen. Als Ausgleich dafür wird dort stattdessen die Stempelsteuer fällig. Die Abschaffung der Stempelsteuer, über die wir am 13. Februar abstimmen, ist deshalb sehr ungerecht: Während Sie und ich weiterhin auf jedes Gipfeli Mehrwertsteuer bezahlen, werden Finanztransaktionen nicht mehr besteuert. Das ist inakzeptabel.

Dass die rechten Parteien jetzt die Stempelsteuer abschaffen wollen, reiht sich ein auf der historisch langen Liste von immer neuen Privilegien für den Finanzbereich, für Konzerne und für Grossaktionäre. Den Preis dafür bezahlen wir alle. Denn Vorlagen wie die drei Unternehmenssteuerreformen oder die 13 (!) Senkungen der Stempelsteuer haben ein Milliardenloch in die öffentliche Kasse gerissen.

Das führt dazu, dass den Menschen immer weniger im Portemonnaie bleibt. Denn Gebühren und Abgaben steigen, und wichtige Leistungen wie die Prämienverbilligung werden zusammengekürzt. Die Abschaffung der Stempelsteuer würde uns weitere 250 Millionen Franken pro Jahr kosten. Das sind doch Peanuts bei einem Budget von 80 Milliarden jährlich, denken Sie vielleicht. Aber um meine Nationalratskollegin Jacqueline Badran zu zitieren: «Viele Peanuts ergeben eben auch ein Snickers.»

Lassen Sie sich deshalb nicht beirren

Und die Wunschliste der rechten Parteien ist noch lange. In einem Strategiepapier aus dem Finanzdepartement von Ueli Maurer steht schwarz auf weiss, dass bald nur noch Lohn, Rente und Konsum besteuert werden sollen. Konzerne und Grossaktionäre müssten nichts mehr beitragen. Davon möchten die rechten Parteien und der Gewerbeverband natürlich ablenken und bezeichnen die Stempelsteuer irreführend als «KMU-Steuer».

Schauen wir uns das genauer an: Die Stempelsteuer wird fällig, wenn ein Unternehmen mehr als eine Million Franken Eigenkapital beschafft. Das betrifft gerade mal 0,25 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz. Zahlen des Bundes zeigen sogar, dass 2020 die Hälfte der Einnahmen aus der Stempelsteuer von gerade mal 55 Konzernen stammten. Über 590’000 KMU haben also nichts von der Abschaffung.

Lassen Sie sich deshalb nicht beirren und sehen Sie die Abschaffung der Stempelsteuer als das, was sie ist: das nächste Puzzlestück im Plan von Economiesuisse und Co., die mit immer neuen Vorlagen erreichen wollen, dass der Finanzbereich, Konzerne und Grossaktionäre nichts mehr zum Gemeinwesen beitragen müssen.

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